St. Louis
von Thorsten Totzke
Die St. Louis
Sammlung Thorsten Totzke
Am 02. August 1928 lief auf der Vulkanwerft in Bremen, Vegesack miit der Baunummer 670 das größte deutsche Motorschiff, die St. Louis vom Stapel.
Das Schiff war bei einer Länge von 174,90 m und einer Breite von 22,08 m insgesamt 16.732 Bruttoregistertonnen groß.
Die Reisenden konnten sich an Bord auf einem Sportdeck, im Schwimmbad oder auch im Turnsaal Bewegung verschaffen. Eine große Halle, in der Konzerte und Tanzveranstaltungen durchgeführt wurden oder Filmvorführungen stattfanden, war ebenso vorhanden wie ein Damenzimmer, ein Rauchsalon, ein Schreibzimmer und eine Bibliothek.
Stapellauf der St. Louis
Sammlung Thorsten Totzke
Nach Indienststellung am 23. März 1929 führte die Jungfernreise am 28. August 1929 von Hamburg nach New York.
Jedoch brachte die Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 Konsequenzen für den Nordatlantikdienst der großen Reedereien. So entschieden sich auch die beiden größten deutschen Reedereien, die Hapag und der Norddeutsche Lloyd, dazu, ihre Fahrpläne für den Nordatlantik zusammenzulegen.

Gesellschaftsrraum der Kajütenklasse
Sammlung Thorsten Totzke
So kam es, daß die St. Louis nicht nur Hamburg anlief, sondern auch in Bremerhaven festmachte.
Die St. Louis wurde auch für einige Zeit im Jahr auf Kreuzfahrten eingesetzt.
Hierfür wurde das Schiff 1930 umgebaut, so daß anstelle der ehemaligen zweiten Klasse nunmehr die sogenannte Touristenklasse treten konnte.
Gesellschaftsrraum der Touristenklasse
Sammlung Thorsten Totzke
Nachdem 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht übernommen hatten, wurde das Schiff ab Juli 1934 unter Charter der „Deutschen Arbeitsfront“ für KDF-Fahrten eingesetzt.
Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die Entrechtung der in Deutschland lebenden Juden entschieden sich immer größere Teile der jüdischen Bevölkerung, ihre Heimat zu verlassen und auszuwandern.
Rauchsalon der Kajütenklasse
Sammlung Thorsten Totzke
Aus diesem Grunde bot auch die Hapag im Frühjahr 1939 der „Europäischen jüdischen Vereinigung“ (EJV) in Paris, die neben anderen Hilfsorganisationen die Auswanderung jüdischer Bürger koordinierte, an, die St. Louis im Mai 1939 für eine Reise nach Kuba bereitzustellen, da das Schiff ohnehin für eine Reihe von Kreuzfahrten nach den Vereinigten Staaten überführt werden mußte.
Bereits vor der Abfahrt gab es jedoch Schwierigkeiten mit den Einreisepapieren. Die Hapag erhielt aber dennoch kurz vor Reisebeginn eine schriftliche Auskunft, daß alle Passagiere in Havanna landen dürften.
Kapitän Gustav Schröder
Sammlung Thorsten Totzke
So verließ die St. Louis unter dem Kommando von Kapitän Gustav Schröder am 13. Mai 1939 mit 937 jüdischen Fahrgästen Hamburg um am 27. Mai 1939 vor Havanna vor Anker zu gehen.
Nun wurde jedoch den jüdischen Passagieren die Einreise mit der Begründung verweigert, daß die vorliegenden Papiere gefälscht seien.
Fieberhaft verhandelte nun die Schiffsführung, die Hapag in Hamburg und die jüdischen Organisationen mit den kubanischen Behörden.
Diese erklärten sich aber lediglich dazu bereit, den Reisenden ein Aufenthaltsrecht von sechs Monaten einzuräumen, wenn die Summe von 2.800 $ pro Person gezahlt würde.
Nachricht von Kapitän Schröder an die Passagiere
Sammlung Thorsten Totzke
Da dies nicht möglich war und der kubanische Präsident am 02. Juni 1939 erklärte, die St. Louis gefährde die öffentliche Ordnung und habe daher unverzüglich noch am gleichen Tage Havanna zu verlassen, befahl Kapitän Schröder, die Anker zu lichten.
Mehrere Tage kreuzte die St. Louis nun zwischen Miami und Havanna hin und her, während die Verhandlungsdrähte weiterhin glühten.
Da alle Verhandlungen scheiterten, blieb der Schiffsführung nichts weiter übrig, als wieder Kurs auf Europa zu nehmen. Alle Hoffnungen der jüdischen Passagiere, die zwischenzeitlich an Bord ein Komitee gebildet hatten, welches der Schiffsleitung bei der Verhandlungsführung helfen sollte, lagen nun bei den Regierungen der Niederlande, Belgiens, Großbritanniens und Frankreichs.
Würden sie die jüdischen Reisenden aufnehmen?
Grab von Kapitän Schröder
© Thorsten Totzke
Die geheime Staatspolizei hatte unterdessen der Hapag-Geschäftsleitung in Hamburg unverhohlen eröffnet, daß die jüdischen Auswanderer, sollten sie wieder nach Deutschland zurückkehren, mit einer Einweisung in ein Konzentrationslager zu rechnen hätten.
Die Regierungen der vier Staaten stimmten letztendlich einer nach Quoten geregelten Einreise zu, so daß die Reise mit der Ankunft der St. Louis in Antwerpen am 16. Juni 1939 doch noch ein glückliches Ende nahm.
Die St. Louis aber hatte sich als "Schiff der Verdammten" einen Namen gemacht.

Strasse benannt nach Kapitän Schröder
© Thorsten Totzke
Am 28. Juni 1939 legte das Schiff dann im Hafen von New York an, um das geplante Kreuzfahrtprogramm aufzunehmen. Wegen der drohenden Kriegsgefahr konnte das Programm jedoch nicht bis zum Ende durchgeführt werden. Nach dem Abschluß einer Westindien-Kreuzfahrt verließ die St. Louis am 27.08.1939 zum letzten Mal New York ohne Passagiere den Hafen von Murmansk in der damaligen Sowjetunion anzulaufen.
Dieser Weg wurde gewählt, um bei Kriegsbeginn möglichen britischen Kriegsschiffen auszuweichen.
Am 01. Januar 1940 erreichte das Schiff schließlich seinen Heimathafen Hamburg.
Am 06. Februar 1940 wurde die St. Louis von der Kriegsmarine übernommen und auf der Marinewerft Wilhelmshaven zum Wohnschiff umgebaut.

Unterschrift von Kapitän Schröder
Sammlung Thorsten Totzke
Danach diente sie als Beischiff der U-Boot-Flottille in Kiel. Am 30. August 1944 erhielt sie bei einem britischen Luftangriff auf Kiel mehrere Bombentreffer und brannte zum Teil aus.
Das stark beschädigte Schiff wurde auf Strand gesetzt und am 16. Februar 1945 außer Dienst gestellt.
Nach dem Krieg schleppte man die St. Louis nach Hamburg, wo sie an den Landungsbrücken bis 1950 als Hotelschiff fungierte.
Im März 1950 wurde sie letztendlich nach Bremerhaven verkauft und abgewrackt.